Glaube, Andacht und Pflicht
Gebet für den Winter (Schlussfest
Es beginnt der Winter! Wenige Tagesstunden nur erquickt uns das Sonnenlicht! Frost und Stürme herrschen mit erstarrender Gewalt und wir ziehen uns in das schützende Haus zurück!
Aber wenn auch die ganze Schöpfung abstirbt und die Pflanzenwelt vergeht, so wissen wir dennoch: Dein Lebensodem, Unendlicher, durchweht das All. — Du hast der Natur eine Zeit der Ruhe gegeben bis sie wieder sichtbar wirkt und sich von Neuem belebt! Uns ist dies ein Symbol der Unsterblichkeit! Doch ehe wir an ein höheres Wirken denken, müssen wir für dieses schaffen, was Not tut, und werden, wozu wir bestimmt sind. Auch wir sollen nicht rastlos arbeiten, sondern uns Tage
der Ruhe und Erholung gönnen, wo wir neue Kräfte und Frische sammeln, unser Tagewerk mit freudigem Sinn erfüllen zu können.
Je öder die Natur wird, desto inniger schließen sich die Menschen aneinander! Auch dies hast Du o Gott weislich geordnet! Der Mensch bedarf des Menschen unter allen Verhältnissen des Lebens! O gib, dass ich die Freuden der Geselligkeit mit reinem, unschuldigem Herzen genieße und mich fern halte von dem wilden Rausche der Leidenschaft, die mir nur bitt're Reue lassen würde! Gib o Gott, dass ich der Versuchung widerstehe, unter welcher Gestalt sie auch an mich herantrete und meiner Pflicht eingedenk bleibe, wenn auch die Freude lockt! Lass mich mit Kraft ankämpfen gegen Eitelkeit, Gefallsucht und Neid und ein offenes Auge behalten, den Schmeichler von dem Wahrhaftigen zu unterscheiden. — O Gott wir müssten erzittern vor des Winters Strenge, wenn nicht Deine Schöpferhand schon in den Tagen der Ernte gegeben hätte, was uns zur Zeit des Winters nährt! Ich preise Dich und danke Dir, dass in diesem Jahr die Saaten gediehen sind! Wohl blicken noch unzählige Hilfebedürftige Brüder sorgenvoll in die Zukunft! Doch Du o Gott, der dem Wurm im Staube gibt, was ihn nährt und den Vogel in den Lüften nicht verhungern lässt, wirst für den Armen, Notleidenden mitfühlende Herzen erwecken, die ihm von ihrem Überfluss geben. Auch mir o Gott öffne das Herz, dass ich helfe, wo es Not tut! Ich aber danke Dir, dass ich nicht das Brot des Mitleids essen darf und bitte Dich auch ferner uns unser tägliches Brot durch redlichen Fleiß verdienen zu lassen!
Schütze o Gott des Lebens, mich und die Meinigen in diesen rauen Tagen des Winters vor Krankheit und Tod und gib, wenn der Frühling wiederkehrt, dass wir Dir Alle für die Gnade danken können, dass unser Leben geschützt ward.